Krankenkassen zahlen Festbeträge bei Rettungseinsätzen: Patienten sollen Differenz zu kommunalen Gebühren tragen

Tipp der Redaktion

redaktion
redaktionhttps://ruhrpott-kurier.de
Erleben Sie das Herz des Ruhrpotts – Nachrichten, Geschichten und Stimmen aus dem Revier

Seit dem 1. September 2025 übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen in mehreren Städten im Kreis Recklinghausen nur noch pauschale Festbeträge für Rettungsdiensteinsätze. Die Folge ist laut Kommunen: Patientinnen und Patienten müssen künftig die Differenz zwischen diesen Festbeträgen und den kommunalen Satzungsgebühren selbst bezahlen.

Was sich für Betroffene ändert

Für den Ablauf eines Rettungseinsatzes ändert sich demnach nichts. Rettungsdienst und Notärztinnen sowie Notärzte stehen weiter uneingeschränkt zur Verfügung. Die Änderung betrifft ausschließlich die nachgelagerte Abrechnung. Je nach Kommune erhalten Betroffene die Rechnung direkt von der Stadt und reichen diese bei ihrer Krankenkasse ein. Alternativ schicken manche Städte wie bisher zunächst die Bescheide an die Krankenkasse und stellen den Bürgerinnen und Bürgern anschließend nur die verbleibende Differenz in Rechnung. Den Gebührenbescheiden sollen Informationsblätter über Hintergründe und mögliche Erstattungswege beiliegen.

Rechtsgrundlage und Streitpunkt

Hintergrund ist ein landesweiter Konflikt über die Finanzierung des Rettungsdienstes in Nordrhein Westfalen. Die Kommunen berufen sich auf das Rettungsgesetz NRW. Dieses sieht vor, dass bei der Kalkulation der Gebühren anrechenbare Kosten zu berücksichtigen sind und nennt explizit auch Fehlfahrten als ansetzbare Kosten. Die Krankenkassen argumentieren hingegen mit dem Sozialgesetzbuch V. Nach § 60 SGB V würden Fahrkosten nur bei tatsächlichem Transport ins Krankenhaus erstattet. Sie werten daher Einsätze ohne Transport als Fehlfahrten, auch wenn vor Ort aufwendige medizinische Maßnahmen erbracht wurden.

Konkrete Beträge und weitere Schritte

Als Beispiel nennt die Stadt Recklinghausen für Einsätze zwischen dem 1. September und dem 31. Dezember 2025 folgende Eigenanteile: Rettungswagen 213,30 Euro, Krankentransportwagen 82,76 Euro und Notarzteinsatz 204,56 Euro. Die Gebühren für die Zeit ab dem 1. Januar 2026 werden noch abgestimmt.

Kommunale Reaktionen und politische Maßnahmen

Die betroffenen Städte betonen, dass sie ihre Satzungen nach der gesetzlichen Vorgabe kostenbedeckend ausrichten müssen und Differenzen nicht aus den städtischen Haushalten übernehmen dürfen. Vor diesem rechtlichen Spannungsverhältnis sehen sie sich gezwungen, die Differenzbeträge bei den Gebührenschuldnern einzufordern. Beschwerden oder Nachfragen zu den Festbeträgen sollen direkt an die jeweiligen Krankenkassen gerichtet werden.

Der Verwaltungsaufwand steigt dadurch nach Angaben der Kommunen deutlich. Der Rat der Stadt Recklinghausen hat am 15. Dezember 2025 mit großer Mehrheit einer geänderten Satzung zur Erhebung von Rettungsdienstgebühren zugestimmt. Eine Mehrheit unterstützte außerdem einen Antrag von SPD und CDU, wonach die Verwaltung prüfen soll, ob in Härtefällen eine Befreiung von den Gebühren möglich ist. Zudem beauftragte die Ratsmehrheit die Verwaltung, über die kommunalen Spitzenverbände auf eine zügige Schließung der bestehenden Lücken im Sozialrecht und im Rettungsdienstrecht hinzuwirken. Nach Auffassung der Städte kann der Konflikt letztlich nur gesetzgeberisch oder gerichtlich gelöst werden.

Quelle anzeigen

label

Weitere Nachrichten

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Aktuelle Nachrichten