Von Lünen bis Mülheim: Wenn die Temperaturen steigen, stoßen viele öffentliche Gebäude im Ruhrgebiet an ihre Grenzen. Eine neue Studie der Deutschen Umwelthilfe (DUH) legt offen, wie unzureichend der Hitzeschutz in vielen Schulen, Kitas und Verwaltungsgebäuden ist und fordert dringend Maßnahmen.
Hitze als Dauerproblem – und die Infrastruktur hinkt hinterher
Immer häufiger steigen die Temperaturen im Sommer über 30 Grad. Besonders größere Städte wie Essen, Duisburg oder Gelsenkirchen sind durch dichte Bebauung, wenig Grünflächen und versiegelte Böden sogenannte „Hitzeinseln“.
Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen gelten als besonders hitzeempfindlich. Bei Raumtemperaturen ab 27 Grad sinkt die Konzentrationsfähigkeit, ab 30 Grad drohen ernsthafte gesundheitliche Probleme. Für Erzieherinnen, Verwaltungsangestellte oder Lehrerinnen kommt erschwerend hinzu, dass sie oft viele Stunden am Stück in überhitzten Räumen verbringen.
Eine aktuelle Hitzestudie der Deutschen Umwelthilfe(DUH)vom Juni 2025 belegt, dass die meisten deutschen Städte auf diesen Wandel unzureichend vorbereitet sind. Der bundesweite Vergleich von 104 Städten zeigt: Mehr als die Hälfte, nämlich 60 Städte, erhielten im Hitze-Check die Note „ungenügend“. Bewertet wurden dabei Maßnahmen wie die Begrünung und Verschattung von Kitas, Schulen und Pflegeeinrichtungen, aber auch konkrete Hitzeschutzpläne und Konzepte zur Gesundheitsvorsorge.

Nur rund ein Viertel der Städte konnte überhaupt nachweisen, dass bei Neubauten von Schulen oder Pflegeheimen systematisch auf Hitzeschutz geachtet wird.
„Es ist erschreckend, dass die meisten der über 32.000 Schulhöfe in Deutschland immer noch aus grauen Asphaltwüsten bestehen“, erklärt DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. „In Deutschland gibt es rund neun Millionen schulpflichtige Kinder und Jugendliche. Sie sollten draußen lernen und sich in ihrer Schulpause erholen können, statt der drückenden Hitze ihres Schulhofs ausgeliefert zu sein. Schulhöfe in Deutschland müssen dringend entsiegelt und naturnah umgestaltet werden. Dafür braucht es verbindliche Regelungen für Mindeststandards beim Neubau und der Sanierung von Schulgeländen.“
Ruhrgebiet: Viele Gebäude mit Sanierungsstau
Ein Blick ins Ruhrgebiet bestätigt das Problem. In zahlreichen Grundschulen, Kindertagesstätten oder Jobcentern fehlt es an grundlegenden Maßnahmen zum Schutz vor Überhitzung. Besonders kritisch: Viele Einrichtungen verfügen nicht einmal über einfache Sonnenschutzvorrichtungen oder thermisch wirksame Fassadengestaltung.
Für Städte wie Essen, Bochum oder Oberhausen bedeutet das: Ohne konkrete Nachrüstungen, durch Verschattungsmaßnahmen oder hitzeangepasste Bauweisen, drohen die Gebäude bei anhaltender Hitze nicht nur unbenutzbar zu werden, sie gefährden auch die Gesundheit ihrer Nutzerinnen und Nutzer. Dabei sind die Möglichkeiten längst bekannt – umgesetzt werden sie bislang vielerorts nur schleppend.
Dabei zeigt die Praxis: Schon einfache Maßnahmen wie die richtige Verschattung an Fenstern können Innenräume um mehrere Grad herunterkühlen – das belegen Prüfungen von Hitzeschutzkonzepten des Umweltbundesamtes.
Wie lässt sich der Hitzeschutz nachrüsten?
Das Problem ist nicht neu, aber angesichts des Klimawandels drängender denn je. Kommunen sind gefordert, bestehende Gebäude baulich nachzurüsten und gleichzeitig bei Neubauten Hitzeschutz frühzeitig mitzudenken. Insbesondere Maßnahmen für einen effizienten Sonnenschutz an Fenstern lassen sich vergleichsweise schnell und kosteneffizient umsetzen.

Förderprogramme: Was Kommunen jetzt nutzen können
Die gute Nachricht: Bund und Länder stellen inzwischen gezielt Fördermittel für klimarobuste Gebäude bereit.
Für Kommunen kommen insbesondere folgende Programme infrage:
„Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen“ (BMUV): Förderung für bauliche Maßnahmen wie Sonnenschutz oder Begrünung in Schulen, Kitas und Pflegeeinrichtungen.
NRW-Förderung „Klimaresiliente Kommune„: Unterstützung für kommunale Klimaanpassungsstrategien und konkrete Maßnahmen vor Ort.
Gesundheitsbezogener Hitzeschutz NRW: Umfangreiche Informations- und Aufklärungsmaßnahmen für Kommunen zum Hitzeschutz sowie gezielte Förderung zur Klimaanpassung von Krankenhäusern und medizinische Einrichtungen über die Krankenhauseinzelförderung.

Viele Förderprogramme setzen auf Kofinanzierung:
Das heißt, die Kommune muss sich mit einem Teil der Kosten beteiligen. Gerade deshalb ist eine vorausschauende Planung entscheidend und eine Priorisierung der am stärksten belasteten Einrichtungen zwingend notwendig.
Städte dürfen Hitze nicht länger verwalten, sondern müssen sie aktiv mitgestalten
Die Kritik der Deutschen Umwelthilfe ist ein Weckruf – auch und gerade für das Ruhrgebiet. Der Sanierungsstau, gepaart mit der zunehmenden Intensität von Hitzewellen, macht deutlich: Ohne konsequente bauliche Anpassungen droht die Handlungsfähigkeit öffentlicher Einrichtungen massiv eingeschränkt zu werden.Städte wie Dortmund, Essen oder Oberhausen müssen jetzt handeln, mit klaren Konzepten, gezielten Investitionen und praktikablen Lösungen. Denn Hitzeschutz ist nicht nur eine bauliche Frage, sondern längst eine soziale, gesundheitliche und bildungspolitische Herausforderung geworden.

Bilder KI generiert via Flux Pro
